Das Tagebuch vom langen Januar

1.Januar
Der Schnee ist ganz rot vor lauter Feuerwerksresten.

8.Januar
Aus der Fabrik kommen falsche Wolken.

10.Januar
Der Indianermann hat tiefe Furchen im Gesicht und strähnige, lange Haare.
Er wartet oft mit den anderen Menschen an der Bushaltestelle.
Die anderen Menschen kommen und fahren dann später weg.
Er wartet nur mit ihnen.
Nie fährt er irgendwohin.

17.Januar
Die zwei Quadratmeter große Kinderecke im Supermarkt
ist von einem gelben Zäunchen eingerahmt.
Heute hängen darüber drei vergessene Kindermützen,
wie Schrumpfköpfe auf Pfählen.

18.Januar
Eine weißhaarige Frau in einer rosa Jacke
trägt immer Alditüten mit sich,
an jeder Hand sechs,
ich habe sie heute gezählt.
Die Tüten sind umgedreht,
das Aldi-Zeichen schimmert trotzdem durch.
die Frau geht so langsam, als ob die Tüten sehr schwer wären.
Ob sie muskulöse Oberarme hat?
Die Tüten sind ganz prall gefüllt.
Vielleicht besteht ihr ganzer Besitz nur aus Kissen.

20.Januar
Seit Tagen regnet es in Strömen.
Auf den alten Wegen liegen ertrunkene Regenwürmer in allen Größen.
Ich halte mich zurück, sie aufzusammeln.

33.Januar
Ich gehe an einem Haus mit Fenstern auf Kniehöhe vorbei.
Innen sitzt eine Frau vor einem Tisch mit Kistchen.
Zuerst dachte ich, es wären Pralinenpackungen,
aber es sind Gipsabdrücke von Zähnen.
Sie machte Füllungen und Kronen,
immer die Füße der anderen vor der Nase,
Füllungen für die, die zuviel Pralinen gegessen haben.

37.Januar
Auf der verregneten Straße:
die vor langer Zeit ausgespuckten Kaugummis wie Sterne.
-Oder führen sie zu einem verborgenen Schatz?

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