Stuttgarter Zeitung, 20.01.2012
Performance im Stuttgarter Fitz Das Tier trägt Webpelz
Von Adrienne Braun

Was liegt denn da? Ein totes Viech unter einem riesigen Faltenwurfe? Die Spielerinnen und Materialien dieses Abends verbergen sich darunter, dazu zahllose gerollte Decken, gerollter Rasen, Maske und Mantel. „Titania tanzt für einen Esel“ nennt sich die eigenwillige Performance, die nun im Fitz Premiere hatte und definitiv nichts für Figurentheatereinsteiger ist. Der Esel und Titania, die Königin der Elfen, sind Figuren aus Shakespeares „Sommernachtstraum“. Doch Antja Töpfer, Anna Peschke und Martin Christensen präsentieren keine Adaption des Dramas, sondern eine Art Fantasie, eine Vision aus dem Märchenwald, in der die narrativen Momente auf ein Minimum verknappt wurden.
Vom Spitzentütü zum Kleid
Es geht vielmehr ums Material: Da wird ein Spitzentütü zum Kleid, das Kleid wird zum Schleier, der Schleier zur barocken Perücke. Konkreter wird Anna Peschke, die von der stolzen Grande Dame bei Hofe zum leichten Mädchen im Negligée mutiert und schließlich eine närrische Aerobic-Gymnastik vollführt. Sie schindet und quält sich. Aber es hilft nichts, das Fleisch ist schwach, deshalb beginnt sie, es mit Klebeband festzukleben, ihren Leib einzuschnüren, abzubinden, einzupacken, bis er ein griffiges Paket ist.
Diese scharfe Kritik an Fitness- und Schönheitswahn ist einer der interessantesten aber auch schmerzhaftesten Momente an diesem wechselhaften Abend, der selbst nicht so genau zu wissen scheint, worauf er hinaus will, aber dann doch friedlich endet. Die beiden Frauen, die so viele Metamorphosen und Verwandlungen durchgemacht haben, begegnen sich und lassen, ganz zart, die Hüllen und Masken fallen, als hätten sie erstmals Vertrauen gefasst und könnten wagen zu zeigen, wie sie wirklich sind.